Was machst du und warum?
Seit ich denken kann, wollte ich schon immer zeichnen. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich schon mit 2-3 Jahren rumgekritzelt habe. Mein Vater hat sich einige Jahre mit der Akt- und Landschaftsmalerei beschäftigt und dadurch meine Liebe zur bildenden Kunst noch gestärkt. Das „Warum“ ist bei mir völlig ungeklärt, es war eine unbewusste Entscheidung, die ich schon in meiner Kindheit getroffen habe. Malerei ist schlicht und ergreifend das stärkste Ausdrucksmittel für mich.
Wie hast du deinen eigenen Stil entwickelt?
Zwischen 12 und 13 habe ich Mangas gezeichnet. Deshalb auch die Augen-Obsession. Weil die Augen für mich alles ausdrücken. Ich bin einfach mehr in die Richtung der Verzerrung gegangen und habe angefangen mit Acryl auf Leinen zu arbeiten: Meine Figuren haben oft ein großes und ein kleines Auge, meistens von der Höhe her verschoben, die Gesichtszüge und Körperhaltung sind verzerrt. Dadurch kann ich mehr aus dem Inneren einer Person oder eines Wesens herausholen. Je verzerrter die Person, desto mehr schaut man sich das Innere an. Wenn alles perfekt und ästhetisch toll ist, dann verliert man das Interesse am Ausdruck selbst.
Von 14 bis 17 habe ich nur mit Buntstiften gemalt und habe sehr melancholische Motive gewählt, aber in der Darstellung so abgehoben, dass es wieder schräg und auch ein bisschen lustig war. Mein Hauptmotiv damals waren die Aliens, die mit menschlichen Embryos schwanger waren. In dieser Zeit habe ich nur auf Papier gearbeitet, sehr detailliert, ich wollte nie minimalistisch sein.
Diese Mischung aus Verzerrung und dataillierter Formhaftigkeit sind für meinen künstlerischen Stil kennzeichnend. Ich würde es als Surrealismus bezeichnen.
Was ist dir bei deiner Arbeit wichtig?
Der Moment zwischen mir und der Leinwand. Wenn ich kein Glücksgefühl erlebe, dann ist das nicht das richtige Projekt für mich. Ich möchte Euphorie empfinden. Bei vielen anderen Tätigkeiten ist man schon vom Erfolg anhängig, da braucht man Anerkennung, Erfolgsergebnisse…Wenn ein Bild entsteht, ist man der Schöpfer dieses Etwas, man ist komplett unabhängig von menschlicher Anerkennung. Für mich ist das der Eros, der griechische Gott der Liebe und Erotik, der für kreatives Schaffen da ist. In solchen Momenten bin ich komplett erfüllt.
Wie wichtig ist für dich die Zusammenarbeit mit anderen Kreativen?
Ich bin seit 2-3 Monaten in der Rückzugsphase und habe wenig Kontakt mit der Szene. Ich arbeite in der Weststeiermark an dem aktuellen Projekt des Portraitzyklus, das ich hoffentlich im November in Graz zeigen kann. Da geht es darum, reale und fiktive Persönlichkeiten auf die Leinwand zu bringen.
Könntest du uns mehr über dieses Projekt erzählen?
Gerne! Mich interessiert die Entstellung von realen Persönlichkeiten oder mythologischen Gestalten. Ich versuche das Schöne im Hässlichen darzustellen, indem ich Menschen oder Figuren bewusst verzerre, aber in einer Art und Weise, dass es noch immer „ansehnlich“ ist. Vor allem in der Farbwahl bin ich sehr bewusst. Das Farbspiel ist angenehm für den Betrachter, obwohl vielleicht das Motiv selbst nicht unseren Schönheitsidealen entspricht.
Welche Intention haben deine Arbeiten?
Am einfachsten lässt sich das an einem Beispiel erklären. Nehmen wir Bild „Rapunzel will raus“. Rapunzel ist eine Märchenfigur, die mit absolut positiven Gefühlen behaftet ist. Ich habe sie bewusst in die Twin Towers gesetzt, in den Teil des Hochhauses, wo fast keiner überlebt hat. In diesem Fall waren das die politischen Ereignisse, die mich berührt haben, den Betrachter sanft dazu zu zwingen, sich mit dem Thema Terror und Gewalt auseinanderzusetzen. Ich möchte Menschen mit etwas konfrontieren, was sie vielleicht gar nicht sehen wollen und ernsthafte Inhalte durch ästhetisch schöne Darstellung verdaulich machen. Ich möchte mit der Grenze des Angenehmen experimentieren und dafür muss der Betrachter über seine Grenzen hinaus.
Was würdest du noch gerne von anderen lernen?
Eine Win-Win Situation für beide Seiten ist meiner Meinung nach die ideale Basis für eine gute Zusammenarbeit. Für mich persönlich ist die Kooperation mit FotografInnen am leichtesten möglich, weil ich das Gefühl habe, dass wir einander etwas geben können, was der andere nicht kann, da wir einander verschiedene Medien zur Verfügung stellen. So ein Austausch ist beispielsweise mit Grazer Fotografin Verena Lepuschitz vom Künstlerkollektiv Marmota entstanden. Sie hat mich in meinem Atelier fotografiert und ich habe ihr als Gegenleistung ein Portrait versprochen, was ich auch schon fertig gestellt hab. Für uns beide kommen Früchte, die ich und sie für unser persönliches Marketing verwenden können.
Welches Know-How oder Kompetenzen würdest du mit anderen teilen?
In Bezug auf bildende KünstlerInnen habe ich die Erfahrung mit Daniela Babist gemacht, die hin und wieder in mein Atelier kommt, ich komme zu ihr nach Hause und wir malen nebeneinander. Jeder macht sein Ding und wir führen persönliche, sehr innige Gespräche. Das ist für mich ein spiritueller Austausch, aber auch ein Austausch in Bezug auf Maltechniken. Ich lasse mich gern von den anderen inspirieren. Das funktioniert mit sehr wenigen Leuten. Da muss schon die Chemie passen.
Tee oder Kaffee?
Ein Glas Rotwein, bitte!